
Die Medizinische Bibliothek blickt anhand von Digitalisaten historischer Lehrbuch-Drucke auf die Entwicklung des Fachs zwischen Akademisierung und Praxisorientierung zurück.
Am 5. Mai ist Internationaler Hebammentag. Seit 1991 wird dieser in mehr als 50 Ländern begangen, um auf die Bedeutung des Berufs für die Gesellschaft hinzuweisen. Außerhalb von Fachverbänden, in denen die Idee zum Aktionstag entstand, ist dieses Datum jedoch kaum bekannt – anders als bei Professionen mit prominenten Schutzheiligen wie Feuerwehr (Florian) oder Bergbau (Barbara), deren Feiertage und damit verbundenes Brauchtum im Kalender fest etabliert sind.
Dabei gehört der Beruf der Hebamme - so lautet die offizielle weibliche und männliche Berufsbezeichnung - zu den ältesten der Menschheitsgeschichte. Bereits auf altägyptischen Papyri sind geburtshilfliche Themen überliefert. Im 12. Jahrhundert gab es mit dem Trotula-Ensemble ein von Hand geschriebenes „Standardwerk“, das durch Abschriften und Übersetzungen weite Verbreitung in ganz Europa fand. 1513 verfasste Eurachius Rößlin auf der Grundlage älterer Texte das Lehrbuch „Der swangern Frawen und Hebammen Rosengarten“. François Mauriceau trug 1668 mit seiner Publikation „Traité des Maladies des Femmes et Accouchées“ zur Etablierung der Geburtshilfe als Gegenstand ärztlichen Studiums bei. Meyers Konversationslexikon von 1889 hebt hingegen die Schrift „Neues Hebammenlicht“ (1701) des Holländers Hendrik van Deventer als erstes wissenschaftliches Werk zum Thema hervor. Außerhalb des akademischen Betriebs veröffentlichte die Königlich-Preußische Hofhebamme Justine Siegemund 1690 das reich illustrierte Lehrwerk „Die Chur-Brandenburgische Hoff-Wehe-Mutter“. Ihr aus langjähriger Praxis und Anschauung verfasstes Werk wurde zunächst angefochten, doch dann von der Alma Mater Viadrina in Frankfurt/Oder gebilligt.
Die Lehre von der Geburtshilfe entwickelte sich im Spannungsfeld von Theorie und Praxis zwischen den traditionell meist männlichen, akademisch gebildeten Ärzten und den in der Regel weiblichen Hebammen. Zur Zeit der Publikation der aufgeführten Lehrwerke erfolgte deren Ausbildung empirisch-praktisch unter der Anleitung einer berufserfahrenen Mentorin – nicht zuletzt deshalb die detaillierten, bildlichen Erläuterungen und der Verzicht auf die damals übliche Wissenschaftssprache Latein.
Die heute international etablierte Verbindung von Akademisierung und Praxisorientierung im Berufsbild der Hebamme spiegelt sich auch im dualen Konzept des neuen Bachelorstudienganges „Angewandte Hebammenwissenschaft“, der 2021 an der Charité gestartet ist.
Die Medizinische Bibliothek begleitet Studierende und Lehrende von Beginn an mit ihren Serviceangeboten rund um Literaturbeschaffung, Bereitstellung von Lern- und Arbeitsplätzen, Vermittlung von Informationskompetenz, Unterstützung bei der Publikation von Qualifizierungsarbeiten und im Bereich Open Access.
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Quellen:
- Wikipedia-Artikel zu Hendrik von Deventer, Geburtshilfe, Internationaler Hebammentag, François Mauriceau, Eucharius Rößlin der Ältere, Justine Siegemund
- Rößlin, Eucharius: Der Schwanngeren, Frawen vnd Hebammen Rosengarten, Augsburg 1528, Digitalisat SUB Göttingen
- Les Maladies des Femmes grosses et accouchées. Paris Henault, d'Houry, de Ninville, Coignard (1668). 2. Auflage, Paris 1675, Digitalisat, dt. Übersetzung Basel 1680, HAB Wolfenbüttel
- Die Chur-Brandenburgische Hoff-Wehe-Mutter / Siegemund, Justine, Cölln an der Spree, Liebpert, 1690, Digitalisat Wolfenbüttel : Herzog August Bibliothek
- Neues Hebammen-Licht, Deventer, Hendrik van, Jena, Cröker, 1717, Digitalisat SUB Göttingen
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